PAULS JETS

„Wo gehen wir hin? Raus aus der Essenz!“ Das klingt nach einer guten Parole. Aber bevor wir alle zusammen gleich losziehen, zunächst noch ein Wort zu den beharrlich untererwähnten Jets: In Gitarrist und Sänger Paul Buschnegg haben sie wohl einen der herausragenden Texter ihrer oder sonstiger Generationen, aber ohne Drummer Xavier Plus und Bassistin Romy Park käme nie jene große Euphorie auf, die Pauls Jets so verlässlich äh… abheben lässt. Pauls Zeilen aus dem epischen Eröffnungs-Stück des 2020 erschienenen, zweiten Albums „Highlights zum Einschlafen“ zeigen, dass er das sehr gut weiß: „Und wir hassen gar nichts mehr / In deinem Kopf ist sowas Schönes drin / Ich hab vergessen, was ich sagen will / Oh Drummer, spiel ein schönes Fill.“
Denn „die Songs sind depressiver, wenn ich allein bin“, wie er in „Der Teufel“ bekennt. Und überhaupt, diese Zeilen: „Stell dir vor du bist ein Handy in der Nacht / Die Liebe hält dich wach“ singt er in „Die dunklen Prinzessinnen der Nacht“, ein Einfinger-Klaviersolo versprüht dazu ein bisschen kunstvoll stilisierte Naivität in einem undogmatischen Retro-Sound-Kontext, der die Achtziger so selbstverständlich auf seinen in sanfter Opposition zum Falschen der Gegenwart gesenkten Schultern trägt wie eine Lieblings-Ballonjacke aus dem Second Hand-Laden. Da kann man dann auch damit leben, einen Song „Da da da“ zu nennen und daraus eine Hymne zu formen, die bisweilen klingt wie eine heimliche Kollaboration von Blur und Pulp in ihren besten Phasen.
Wer wiederum die modernistische Vorzeige-Villa Tugendhat in Brünn auf „den Elan, den man nur in der Jugend hat“ reimt und dabei auch noch den Architektenwitz „Es ist von Mies, aber kein Mieses“ unterbringt, der braucht eigentlich bloß noch seine Stimme per Autotune zu brechen, um diese ungenierte Artyness ganz subtil und selbstironisch von der biederen Kunstsinnigkeit abzuheben.
Das K-Wort zitiert auch der Ko-Kurator Herwig Zamernik, im Nebenberuf Ko-Chef der Plattenfirma Lotterlabel, wo nach „Alle Songs bisher“ (2019) auch „Highlights zum Einschlafen“ erschienen ist: „Die werden in Deutschland so gefeiert als die neue Pophoffnung aus Österreich. Das ist so schön verquere Popmusik mit so viel Kunstanspruch. Paul ist ein Kunststudent und malt ja auch. Uneingeschränkte Liebe zu Pauls Jets von mir.“

Foto © Natalie Grebe