GEBENEDEIT

„Die Viren sollen krepieren“, ja, darauf können sich alle einigen, aber wehe all jenen, die glauben, sie blieben vom Vernichtungsplan von gebenedeit ausgenommen. Spätestens in „Lied“ bekommen sie zu hören, wie diese Priesterin sich lustvoll am Pritscheln in ihrem Blut erfreuen wird. Ihr letztes Jahr rechtzeitig zur Pest erschienenes Album „Missgeburt. Macht eine Messe“ ist dramaturgisch aufgebaut wie ein Gottesdienst der finsteren Art. Nun kennt sich der Programmschreiber mit dem Katholizismus zwar gar nicht aus, aber wie alle, die in diesem Land aufgewachsen sind, versteht er die Befreiungsenergien, die die Überwindung seines patriarchalisch zwänglerischen Geists in der Alpenheimat auslöst.
Als Lydia Haider 2019 bei „gebenedeit sei die wut deines leibes“, einem Festival der Schule für Dichtung auftrat, beschrieb sie das Programm als „Meisterin zeitgenössischer Wutdichtung in der großen Tradition österreichischer Schimpf- und Spottliteratur. Alttestamentarische Verfluchung gegen Gott und die Welt, das Patriarchat und Flipflops, vorgetragen in einem schon grotesk hehren Prediger-Duktus, zeugen vom gerechten Zorn der Autorin, ebenso wie von ihrem suprig bösen Humor.“ Die Schriftstellerin, eine der treibenden Kräfte der Burschenschaft Hysteria, hat eine Reihe literarischer Werke hervorgebracht, in Form von Romanen, Lyrik und Bühnenstücken, von “kongregation”, “rotten” und “wahrlich fuck you du sau, bist du komplett zugeschissen in deinem leib drin oder: zehrung reiser rosi. ein gesang“ bis zu „am ball. wider erbliche schwachsinnigkeit” und „wort des lebendigen rottens. gesänge zum austreiben.“
Auch die Live-Version ihrer „Missgeburt“ ist, ohne jetzt zu viel zu verraten, nicht bloß Konzert, sondern theatralische Inszenierung. Sagt Popfest-Ko-Kurator Herwig Zamernik, der das Album von gebenedeit produzieren durfte: „Nach (Schirenc plays) Pungent Stench noch einmal so eine weibliche Härte, so eine weibliche Dominanz hinzulegen, das wird einfach echt grandios, und Lydia macht das so klug wie niemand anders, den ich kenn.“

Foto © Julien Segarra