Samstag, 28. Juli 2018 19.30

KAHLENBERG

Auf dem Papier klingt das Konzept, als wäre es powered by the Wiener Fremdenverkehrsverband: Eine Band, die als ihr Debüt einen Song namens „Bortolotti (Schoko Edbehr Vnille)“ herausbringt und deren punktgenau projektierte erste Hitsingle ausgerechnet „Mozart“ heißt und die Zeile „Geh ma auf an Kaffee“ enthält. Und dennoch, und gerade deshalb:

Kahlenberg, die Band, hat etwas, das aufgehen wird, ja muss, wie der Biscuit in einer Döblinger Konditorei. Sänger Frank Hoffmann (der heißt wirklich so) ist die Antwort des hügeligen Westens von Wien auf Marco Wanda und den Nino aus der Stadt bzw. Kagran. In der Selbstbeschreibung der Band auf Facebook steht „Hautevolee“ und das „Video“ zum Song „Julius Ficker Straße“ besteht aus einer Google Maps-Routensuche von Döbling bis zur titelgebenden Straße an der Großfeldsiedlung. „Sie hat sich nicht küssen lassen in der Julius Ficker Straßen / Geh bitte!“, heißt es Grinzing-nasal im Refrain. Der selbst-entlarvende Zynismus, das Suhlen in der permanenten Peinlichkeit der Oberschicht wird hier zum Gegengift zur im Wienerischen Pop grassierenden Romantisierung des Elends und des Absturzes. In der Erbärmlichkeit/Erbarmungswürdigkeit des Erzählers, der den großbürgerlich großzügigen Refrains zuliebe sogar sein Monogramm-Hemd auszieht, mischen sich Euphorie, Melancholie und Witz: „Mir geht es gut wie Zuckerwatte ohne dich / In der Nacht die Höhenstraße ohne dich“, das ist so tragisch selbstbetrügerisch wie Leonard Cohens „I don’t even think of you that often“ in „Chelsea Hotel #2“.

Ja sogar der ungeniert spekulative „Mozart“-Song atmet diese Qualität. Zum Beispiel in der Zeile: „Nein, nicht jeder kann ein Mozart sein, am Ende bleibst du ganz allein.“ Okay, auf dem Papier ist das jetzt auch nicht so groß wie in echt. Aber wenn dem so wäre, dann bräuchte man auch keine Musik zu machen.