Man muss nicht Edward Said inhaliert haben, um zu wissen, dass vom leichtfertigen Gebrauch des geladenen Wortes „orientalisch“ abzuraten ist. Im Fall von Seba Kayan, Wiener DJ mit, wie sie selbst sagt, „kurdischem Migrationsvordergrund“, steht dagegen was sehr Fundiertes dahinter, nämlich eine bewusste Entscheidung, diese von außen, also vom sogenannten Okzident verliehene Zuschreibung selbst neu zu definieren.
Wer Kayans „Oriental Techno“-Shows aus res.radio (nachhörbar auf Kayans Soundcloud) gehört hat, wird dabei eine andere Sichtweise auf seine/ihre Stadt gewinnen. Eindrucksvoll auch das auf FM4 ausgestrahlte DJ-Set, das sie im November letzten Jahres am Ottakringer Yppenplatz in „The Tent“ aus Anlass der Frauenproteste im Iran spielte: Techno-Beats und Ambient-Sphären versetzt mit Augenzeuginnenberichten von der blutiger Niederschlagung jener Demonstrationen durch die iranischen sogenannten Sicherheitskräfte. Das Motto dieser Befreiungsbewegung „Jin Jiyan Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) hat nicht von ungefähr seine Wurzeln im kurdischen Unabhängigkeitskampf.
Aus Seba Kayans eigener Artist Bio: „Die Wienerin legt auf, performt, kuratiert und arbeitet an diversen Ausstellungen. Geht es um Musik, verfolgt sie einen forensischen, politischen oder metaphorischen Ansatz. Durch das Stöbern in Musikarchiven entdeckt sie unbekannte und hochspannende Stücke für ihre Kompositionen, bei denen sie eine Vielzahl an musikalischen Genres miteinander verbindet. So bedient sie sich etwa an Techno-Beats und versetzt diese mit dem unverkennbaren Groove der sogenannten orientalischen Musik. Durch Vermischungen dieser Art sollen beide Kulturen entsprechend zur Geltung kommen und miteinander verwoben werden, anstatt einer binären Ordnung von Orient und Okzident anzuhängen.“
Foto © Magdalena Fischer