Definitiv eine der besten Pop-Songwriterinnen, die je in Wien residierten, und wenn hier immer noch nicht allzu viele davon wissen, dann sagt das weit mehr über Wiens Pop-Wahrnehmung aus als über Sofie Royers Kunst.
Wer Royers Youtube-Channel durchzappt, wird jedenfalls auf Hit um Hit aus einer Parallelwelt stoßen, in der hauntologische Post-Eighties-Soft-/Yacht-Rock-Balladen und elegante Synth- und Baroque-Pop-Songs mit klug ausgeheckten Akkordfolgen, gemixt in einem nostalgisch auf Beinahe-Kassetten-Sound limitierten Frequenzspektrum, in einer desorientierend anachronistischen Nineties- und Nullerjahre-Video-Ästhetik ihre perfekte optische Entsprechung finden. Gelegentlich tauchen dabei zwischen kalifornischen Retro-Shopping Mall-Schauplätzen oder pittoresken Strandszenen vertraute Locations wie die Taborstraße, die Steinhof-Kirche oder das Wiener Circus & Clownmuseum auf. Das kommt daher, dass Sofie Fatouretchi Royer, Musikerin, Malerin und DJ, geboren in Kalifornien, halb Österreicherin und Iranerin, in Wien am Konservatorium klassische Geige studierte, ehe es sie für einen Job bei der Plattenfirma Stones Throw Records (siehe MF Doom, Aloe Blacc, Knxwledge und Anderson .Paak’s Nx Worries, Eddie Chacon u.v.m.) zurück nach L.A. verschlug. Nach einem erfolgreichen Boiler Room DJ-Set für das Label wurde sie dazu auserkoren, die US-Version jener britischen Plattform aufzubauen. Mit Umwegen über New York und London landete Royer schließlich wieder in Wien, begann (neben Jobs als Arrangeurin und Komponistin) wieder an eigenen Liedern zu arbeiten, wurde – diesmal als Künstlerin – bei Stones Throw Records unter Vertrag genommen und veröffentlichte dort 2020 ihr Debüt-Album „Cult Survivor“, 2022 gefolgt von „Harlequin“. Royers im Mai erschienene, jüngste Single “Mio“, die nach einer Minute 13 lieblichen Singer-Songwriter-Sounds in hemmungslos mediterranen Europop abbiegt, verspricht einiges für Album Nummer drei.
Foto © Kyle Keese