Beim 15. Wiener Popfest ist es wohl erlaubt, auch ein bisschen auf die eigene Geschichte zurückzublicken. Zum Beispiel darauf, wie Ja, Panik im Jahr 2011 beim zweiten Popfest ever ihr damals neues Album präsentierten. Eine gewisse Platte mit dem Namen „DMD KIU LIDT“, die sich dann doch tatsächlich als ziemlich wichtiges Dokument ihrer Zeit herausstellen sollte. Es hat demnach seine poetische Schlüssigkeit, wenn Ja, Panik jetzt, wo sie (nach ihrem pandemiebedingt quasi-virtuellen Comeback „Die Gruppe“, 2021) tatsächlich als Rockband zurückgekehrt sind, auch wieder die Seebühne am Karlsplatz bespielen.
Ihre heutige Besetzung – Stefan Pabst, Sebastian Janata, Laura Landergott und Andreas Spechtl – ist indes nur zur Hälfte dieselbe wie damals, die Welt ist auch eine völlig andere geworden, also treiben wir es nicht zu weit mit der Nostalgie. Schön wäre es trotzdem, wenn ein paar der heute Um-die-Dreißigjährigen, die der Band damals als Teenager*innen vom Teichufer aus ihre Texte entgegen sangen, sich auch diesmal wieder einfinden. Andreas Spechtl, mittlerweile auch Ex-Popfest-Kurator, hat inzwischen neue Worte für sie geschrieben: „Der Himmel fällt auf mich herunter / Ich versuch mich zu erinnern / War ich nicht grade noch ein kleiner Bub / In meinen second season Nike shoes / Gerade noch sixteen / Killing for teen dreams / A rage machine“, singt er in „Mama Made This Boy“, einem Song darüber, wie man älter wird, aber die Wut dieselbe bleibt. Dem Lied, das „Don’t Play With The Rich Kids“, jene umgekehrte Franz Josef Degenhardt-Phrase („Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, 1965) enthält, die dem jüngsten Ja, Panik-Album als Titel dient. Anderswo in diesem Reifewerk gibt es noch einen Chor zum Miteinstimmen: „Fascism is invisible / Why why why not you?“ Darauf kann man sich wohl einigen, Selbst wenn alle, die das mitsingen, was anderes damit meinen werden. Und Ja, Panik waren immer schon schlau genug, diese problematische Facette ihrer (und jeder) Popularität genau zu verstehen.
Foto © Luca Celine