Wenn die KI dereinst ein post mortem über den irrationalen Todestrieb der menschlichen Zivilisation verfasst, wird sie feststellen, dass damals in den 2020ern vielleicht nicht das politische und wirtschaftliche Establishment, sehr wohl aber eine junge Generation von Künstler*innen die existenzielle Bedrohung ernst nahm: „Sind wir gefangen im Glauben an den Untergang?“, ist nur eine der dringenden Fragen, die die Band CULK auf ihrem dritten Album „Generation Maximum“ stellt – „one of the best German-language albums of the year, a collection of songs that feels like a manifesto“, wie in der vom Guardian veröffentlichten Jahresbesten-Liste „The best European Culture of 2023“ zu lesen war.
„Auf ‚Generation Maximum‘ fangen CULK genau dieses halszuschnürende, stets über ihrer Generation schwebende Weltuntergangs-Damoklesschwert ein“, schrieb auch die Berliner Journalistin Bianca Jankovska. „Wer findet Leben in der Leere“, „Wo sollen wir heute Zukunft finden“, „An was noch glauben, und wem gefallen“, „Wer sich heute nicht mehr wehrt, wird übrig bleiben“, „Wer hinsieht, wird vor Tränen nicht mehr sehen / Wir können nicht nur mehr daneben stehen“… Solche Zeilen injiziert Texterin und Frontfrau Sophia Löw tief in unsere Gedankenwelt. Sie singt sie in diesem charakteristisch pseudo-teilnahmslosen Duktus, der das schwere Gewicht ihrer Endzeit-Lyrik vor dem Versinken ins Pathetische bewahrt. „In Mitten von Krisen und Chaos fühlt sich Ferne in Gedanken näher an / Alleine sind wir überall.“
Vor drei Jahren spielten CULK das Popfest aus der Covid-Krise hinaus, damals auf dem Ersatzschauplatz in der Arena. 2022 war Löw mit ihrem Soloprogramm als Sophia Blenda dabei. In der Zwischenzeit haben sie, Johannes Blindhofer an der Gitarre, Christoph Kuhn am Schlagzeug und (neuerdings) Jakob Herber am Bass sich als lebendiger Beweis dafür etabliert, dass in den 2020ern ausgerechnet eine Rockband sich immer noch so anfühlen kann wie die Stimme ihrer Zeit. Wie eine Notwendigkeit.
Foto © Sophie Löw