Seebühne

VERIFIZIERT

Als das Popfest Anfang der Zehnerjahre gegründet wurde, war unsere zentrale Behauptung noch, dass auch Musik aus den Nischen Pop sein kann. Seither hat sich eine neue Generation von Musiker*innen einen Pop-Positivismus angeeignet, der ohne ironische Brechung geradewegs durch die Mitte geht. In diesem Sinne verortet Popfest-Kuratorin Lisa Schneider den Stil von Veri alias Verifiziert ganz affirmativ als „irgendwo am Pendel zwischen zuckriges Mitsingen und Emo-Vibes.“

In Veris gemeinsam mit Producern Skyfarmer, Food For Thought, Alex The Flipper, Florida Juicy, Hardy X und Marcel Heym ausgefeiltem Sound vereinen sich Cloud Rap, R&B und Reggaeton. Was die junge Singer-Songwriterin aber so identifizierbar macht, sind ihre Texte, direkt erzählt aus einer ihrem Publikum (nicht dessen Eltern) vertrauten Alltagswelt. „Verfiziert schreibt Deutschpop, und sie liebt Deutschpop“, erklärt Schneider, „etwa den von Kollegin und Freundin Paula Hartmann. Und schon viel früher den von Juli und Wir sind Helden.“

Wie immer bei gutem Pop fungiert die Strategie des Populären hier allerdings auch als trojanisches Pferd. Die in den Mainstream geschmuggelte Botschaft ist dabei Veris offensiver Umgang mit ihrer Diagnose: „adhs“ – Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, der Zustand, mit dem sie lebt, aber auch Titel ihres letztes Jahr erschienenen Albums. „Ich hab ADHS und nen Plattenvertrag / Immer Nike am Fuß, aber hab nicht bezahlt / Hab die panic attacks auf mein Album gepackt“, singt sie auf dem Titelsong dieses Song-Zyklus auf vier Rädern. Entscheidende Momente im Leben ereignen sich nämlich oft im Fonds eines Autos, folgerichtig tun das auch die meisten Songs von Verifziert. Swift trägt bei ihr nicht den Vornamen Taylor, sondern Suzuki, „130 PS, Sport-Hybrid und der Lack weiß, ja.“ Sie dreht „das Radio auf max, will nicht hören, wie er schreit.“ Verifiziert macht Kommerz-Pop Vérité, nicht angeschnallt auf nasser Straße, wahrhaftiger als zehn durchschnittliche Indie-Bands.

Foto © Felix Pletzer & Bearbeitung Felix Russegger

 
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