Vergleiche mit Jacques Brél und Georges Brassens werden schnell und oft hergestellt, aber bei Felix Kramer ist das einmal ausnahmsweise nicht überzogen. Wir könnten nun darauf warten, dass das schwerfällige Wiener Bildungsbürgertum sich endlich auf den blonden jungen Mann mit der kunstvoll nüchtern gezupften Konzertgitarre einigt. Oder wir könnten ihn dankbar in unsere Mitte aufnehmen als die Stimme, die diese Zeit jetzt wirklich dringend braucht.
Zweiteres wird demnächst geschehen, denn kein geringerer als Hannibal Scheutz von 5/8erl in Ehr’n hat Kramers kommendes Album produziert, und nach den bisherigen Hörproben zu schließen, hat er die vielen feinen Zwischentöne und das freie Timing („agogisch“, wie der Pressetext es akademisch korrekt bezeichnet) dabei mit größtem Feingefühl bewahrt und behutsam bereichert.
Die traurig um drei Akkorde kreisende Ballade „Es woa nix“ mit dem Morriconesken Pfeifen zwischen den herzzerreißenden Strophen schwebt etwa fast fünf Minuten lang durch den Raum und endet doch gefühlt zu früh. Detto „Wahrnehmungssache“, das notwendige Lied zur Zeit, dessen zweite Strophe hier in voller Länge zitiert sei:
„und der Gedanke wer uns jetz regiert der lasst ma echt ka Ruah / aber er ghört schö langsam zum Lebensgfü dazua / ja um des zu vastehn da brauchts ned vü Verstand / a jeder waß – da passiert grad was in unserm Land! / du brauchst di ja nur umschaun was die Leut auf Facebook schreibm / von daschießn bis vagasn is da alles dabei / Leut die si Flüchtlingsheime anzündn und Unis stürmen trauen / laufen frei umanand und rundherum steht a Zaun / und i glaub scho fast des Gscheitste wär i sperr mi einfach ein / und verkriech mi in meim Zimmer / sag kommt nur mir des so vor, oder wird wirklich ois immer schlimmer?“