Allzuviel geben die Herren Emanuel und Flo von Chronic City in ihrem Pressetext über sich selbst nicht preis, und dieses Konzept soll hier auch nicht zerstört werden, verstecken sich die beiden Wiener Songwriter doch lieber hinter den Stimmen und Gesichtern ihrer wechselnden Mundstücke; sei dies nun der Franzose Henri Joel auf ihrem sonnigen ersten Hit „Key Biscane“ oder ein alter Bekannter wie Florian Horwath. Abseits vom Strand vor Miami ergibt eine kleine Surf-Tour durchs Internet über die verwischten Promo-Fotos hinaus immerhin die Erkenntnis, dass einer der beiden in einem anderen Leben ein Buch über die manipulative Vermarktung einer Teenie-Band als Pop-Produkt geschrieben hat. Chronic City (ihr Name ist eine Referenz an einen 2009 erschienenen New York-Roman von Jonathan Lethem) wissen also genau, wie es in diesem Geschäft zugeht. Im Gegensatz zu Ex-Industrie-Insidern wie KLF, die unter Verwendung dieses Wissens zur Pop-Guerilla mutierten, haben sie sich aber einer gänzlich unzynischen Mission verschrieben, nämlich der aus der Mode gekommenen alten Brill Building-Schule des Pop-Songwriting als Projektionsfläche für Performer von außen. Musikalisch manifestiert sich diese Ambition in einem zu gleichen Teilen tanzbaren wie melodiösen, überaus radiofreundlichen Sound. Den Terminus „dream pop“ fänden sie als generelle Beschreibung „okay“, haben Chronic City neulich in einem Interview mit einem kanadischen Musikblog erklärt. Wie überhaupt auffällt, dass dieses Duo für ein Wiener Heimstudio-Projekt, das zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Texts gerade erst einen Gratis-Download-Track veröffentlicht hat, schon ziemlich viel internationales Interesse zu erregen scheint. Könnte ja auch daran liegen, dass „Key Biscane“ so ein absolut fantastischer, wolkenleicht produzierter Ohrwurm ist (der noch einiges mehr erwarten lässt).