Während rundum sämtliche unterbewerteten HeldInnen der Wiener Popgeschichte wiederentdeckt werden (eh legitim, und dafür war beim Popfest auch immer schon Platz), bleiben ihre zeitgenössischen Gegenstücke heute genauso medial verschmäht wie damals. Dabei hat derzeit keine Form der Popkultur mehr über die Gegenwart dieser Stadt zu sagen als progressive MCs vom Schlag eines P.Tah oder Con. „Dein Geist ist so klein wie die Skyline von Wien“, ist so eine der vielsagenden Zeilen, die ihre rasend schnellen Zungen uns um die Ohren hauen. Voriges Jahr rappten die beiden auf der EP „Aspekte“ zu den Sounds des dreiköpfigen Produzenten-Teams Atomique, seinerseits verantwortlich für das Label Dub-iouz Records und das äußerst lebhafte Forum dubstep.at, verstärkt durch die Cuts der beiden DJs Chrisfader und Testa. Die Dubstep Szene, hervorgegangen aus der in Wien immer schon beharrlichen D’n’B-Community, repräsentiert eine andere, nämlich interkulturell urbane Anglophilie, im Fall dieser Kollaboration kombiniert mit hochdeutscher, hoch artikulierter Textkultur, die zwischen ihren Weckrufen an das schläfrige Wien und poetischen Wortbildcrn („als wär mein Herz ein großer Bahnhof“) auch schon mal den Neoliberalismus bashen darf. Wie sagt es der (im Vergleich zu den überschäumenden Lyrics demonstrativ magere) Info-Text: „Lyrische Versiertheit und noch nie dagewesene Flows treffen auf rollende, hypersynthetische, 140bpm-Bassmusic-Produktionen.“ Jedes Wort ist wahr, und im Wien-Pop-Buch des Jahres 2033 wird alles darüber zu lesen sein. Man kann’s aber auch in Echtzeit erleben. „Wir sind noch lang nicht fertig, allen Ernstes, wo ist Wien? Feiert mit uns weiter oder geht nach Haus Sudoku spielen.“