Als Martin Klein vor zwei Jahren irgendwann um die Mittagszeit allein mit seinem digitalen Klavier im Glasquader des Kunsthalle Project Space ankam, geschah etwas Außergewöhnliches: Innerhalb kürzester Zeit füllte sich der Raum mit einer dichten Menge hörbereiter Menschen, von der – wenn der Programmschreiber einmal rücksichtslos die eigene Voreingenommenheit zum Maßstab nehmen darf – geschätzte fünf Sechstel nicht wegen des Popfests, sondern ausdrücklich für ihn gekommen waren. Und sie lauschten den Songs seines damals gerade herausgekommenen Albums „Lass uns bleiben“ mit einer Ehrfurcht, die jede Note, die Klein spielte und sang, zu einer Angelegenheit weltbewegender Wichtigkeit erhob.
„Sein Utopia versucht nichts weniger, als die Entzauberung der Welt rückgängig zu machen“, schrieb der furchtlose Formulierer Samir Köck letzten Juni in seiner schönen Ankündigung für Martin Kleins Seebühnen-Auftritt am Karlstag in der Presse. So einen Satz rahmt man sich ein und hängt ihn sich aufs Klo, damit es nicht ausschaut, als würde man sich damit brüsten, aber alle Besucher_innen ihn dort garantiert zu sehen bekommen, wenn sie schon ein bisschen beschwipst und empfänglich gelaunt sind. „Dass das vergeblich ist, weiß Klein“, setzt Köck fort, allerdings eine unnötige Relativierung des vorhergegangenen Postulats, denn Kleins magische Fähigkeiten sind wahrlich nicht zu unterschätzen, auch wenn er sie gern mutwillig torpediert. Zum Beispiel, indem er seine Chance, für immer der Liebling des gesamten aufgeklärten, deutschsprachigen Bildungsbürgertums zu werden, leichtfertig wegwirft, indem er nach „Lass uns bleiben“ eine Elektro-Platte namens „Tracks for my Keyboards“ herausbringt.
Wie Klein selbst in seinen zugehörigen Liner Notes geschrieben und dann noch in rührend unaffektiertem Englisch auf Harddisk geflüstert hat (übersetzt): „Wenn ich mir heute mein musikalisches Schaffen ansehe, bin ich sehr froh, dass ich mir nie ein Pseudonym verliehen habe. Auf diese Weise kann man zumindest ein zentrales musikalisches Thema in meinem musikalischen Schaffen finden. Meinen Bubennamen. Das ist es also: Mein Name ist Martin Wolfgang Werner Klein. Ich lebe in Wien. Ich mache Musik. Ich liebe Musik.“