Sa 30/07 00.00

TU Prechtlsaal

ANTHEA

Als das Popfest 2010 gegründet wurde, gab es hierzulande zwar reichlich Indie-Musik mit positiven Pop-Ambitionen (der Clue lag immer schon im Namen der Veranstaltung), aber vielleicht noch keine glaubhafte, aktive Verkörperung jenes puren Poptimismus, der seit den Nullerjahren die Musik-Landschaft des angloamerikanischen Raums revolutioniert hatte. Ein dutzend Jahre später ist dessen willkürlich überdrehte Konsequenz – der Hyperpop – endlich, u.a. in Gestalt von ANTHEA im Popfest-Programm angekommen.

Ultra-komprimierte Synth-Sounds, Auto-Tune-Overload, Lyrics zwischen Beziehungspolitik und Global-Heating-Protest, extreme Tempowechsel zwischen Power-Ballade und Neo-Rave, Telefon-Speaker killende Kick-Drums, stilistische Abbiegemöglichkeiten in alle Richtungen (sogar Metal, siehe die Single „Illusion“): ANTHEA ist jede Sekunde alles zuzutrauen.

Man braucht keine Diplome der Angewandten in Fotografie, Malerei oder Skulptur, um ANTHEAs Kunst zu verstehen, aber es verwundert dann doch nicht ganz zu wissen, dass die Künstler*in selbst ebensolche in der Tasche hat. Übrigens gibt es einen gewissen Vergleich (er beginnt mit G…), den ANTHEA zurecht nicht mehr hören kann. Gegen Erwähnungen von Charli XCX hat sie dagegen nichts einzuwenden: „Persönliche Verletzlichkeit und Souvenirs aller möglicher Genres ergeben den seltenen Hyperpop von ANTHEA“, sagt der Info-Text, „Deren Tonlandschaften überschreiten, worin sie stolz wurzeln: Artpop, Noise, Hardcore, Screamo. In ANTHEAs Werken, die immer irgendeinen inneren Konflikt thematisieren, sind ANTHEAs persönliche Geschichte und nichtbinäre Identität unausweichlich eingraviert. Durchzogen von metaphorischer Sprache und besonderer visueller Sensibilität sind ANTHEAs Kreationen Spiegel jener fantastischer Werke, die ANTHEA einst produzierte. Je mehr Zukunftorientiertheit an der Oberfläche auszumachen ist, die wir hören, desto mehr Melancholie schimmert durch das Dahinter, das wir fühlen.“

Text: RR / Foto © Julian Lee Harather

 
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