Sa 30/07 18.30

Seebühne

Aze

Okay, nicht dass die bisher von AZEs Musik inspirierten Vergleiche mit Lana Del Rey, FKA Twigs, Arlo Parks oder Frank Ocean falsch wären, im Gegenteil, aber hier ist ein vermutlich neuer: „Sweet Talk“, „Talk Away“, „My Own Business“, „Waterfalls“… Kurz: All die Schlüsselsongs jenes veritablen Schlüsseldiensts von einem seelenerschließenden Album, das Aze mit ihrem Debüt „Hotline Aze“ hingelegt haben, erinnern die alte Seele des Programmschreibers glatt an „What’s she Like“, das von ihm bisher für unerreichbar gehaltene Konversationsstück der Dexys Midnight Runners aus ihrem Meisterwerk „Don’t Stand Me Down“.

Die beiden Besties Ezgi Atas (Lyrics, Gesang) und Beyza Demirkalp (Lyrics, Gitarre, Koproduktion) performen Mini-Dramen, deren Spoken Word-Passagen dank ihrer intimen Realness die Hörer*in unwiderstehlich konspirativ miteinschließen. Bloß, dass Aze diese Idee noch weiter treiben: Ihr Album ist, wie sein Titel sagt, eine direkte Aufforderung, sich bei hotlineaze (at) hotmail.com zu melden, zwecks gemeinsamem „wallowing in self-pity“ – eine der gefährlichsten Übungen im Pop, die Aze aber gerade wegen ihres Gestus der Gegenseitigkeit gelingt. So beginnt erwähntes „Talk Away“ tatsächlich mit einer offenbar authentischen Voice Message von Beyzas Schwester Helin in einer Mischung aus Social-Media-Englisch, türkisch und oberösterreichisch. Random Ausschnitt: „Bitch, you are the uplifter. If I‘m sad, you‘re always there for me, tamam mı? That‘s like – king shit, hani. Never in my life have I thought like that or will think like that. Außerdem des is des erste Mal, dass i siag, dass dir schlecht geht, hani wast wos i mahn?“ Wer war in den letzten zwei Jahren nicht Zeug*in solcher Momente, wo die, die man immer für die Stärksten hielt, plötzlich Hilfe brauchen?

With a little help from Jakob Herber (Bass, Drums, Koproduktion) ist den besten Freundinnen hier eine perfekte Zeitkapsel prallvoll mit großen Songs geglückt.

Ach ja, und Demirkalps Gitarrenspiel ist übrigens zum Niederknien schön.

Text: RR / Foto © Amelie Strobl

 
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