Fr 29/07 01.30

TU Ella Briggs Saal

ZINN

Dem Format nach sind sie wohl ein Indie-Rock-Trio, der Selbstdefinition zufolge machen sie dagegen Apocalyptic Weird Folk. In anderen Worten: ZINNs Melancholie kleidet sich gern in rollende Moll-Akkorde, zumeist elektrisch und verzerrt. Das Kopfkino dazu projiziert eindeutig in Schwarzweiß, und manchmal mischt sich mehr als nur ein Hauch von Goth oder Shoegaze in ihren Sound. Zumeist aber bleibt das Ohr an Margarete Wagenhofers Stimme bzw. ihren oft mantrisch wiederholten Texten hängen, die dank der dichten Chöre von Jasmin Strauss und Lilian Kaufmann eine kommunale, mitreißende Bandendynamik entwickeln.

Das stachelt an, zum Beispiel, wenn Wagenhofer in „Wiederholung“ von giftigen Schlangen singt, die Politik machen: „Nicht nur die Dummen, alle machen mit, nach unten treten ist das Prinzip […] Tote im Meer […] Eure Ressourcen, eure Arbeitskraft, die nehmen wir gern / Aber eure Anwesenheit, die wollen wir hier nicht“ ist die eloquente, ausführlichere Version der Botschaft. Es geht aber auch sarkastisch und knapp: „Ja eh / Gerechtigkeit is a nur a Idee.“

Hier sind offensichtlich hochpolitische Köpfe am Werk, keine geringere als die feministische Philosophin Donna Haraway bezeichnen die drei Bandmitglieder als „unsere Muse und Göttin.“

ZINN sind eine Wiener Band, aber wenn Wagenhofer im Dialekt singt, kommen die Lautverschiebungen eindeutig von woanders, weiter westlich her – was ihren Beobachtungen eine willkommene, zusätzliche Schärfe verleiht („Da Wind waht, und du woaßt du bist in Wien“, heißt es in „Diogenes“). Gelegentlich wird es impressionistischer, dann geht es einfach um „die Windmühlen, die dort am Hügel stehen“ oder um die „Lethargie“, so der Titel und Refrain von ZINNs unbeabsichtigter 2020er Lockdown-Hymne. In „Black Lake“ wiederum wagt sich die Erzählerin ins Magisch-Realistische vor, wenn sie als Bonnie eine Beziehung zum Teufel/Clyde eingeht. „Die Kiwara ham uns net erwischt / Mit große Pupillen hamma ois im Blick […] Ohne Göd, sauguade Zeit / Was kost die Wöd, is eh nix was bleibt.“

Text: RR / Foto © ZINN

 
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