GOLNAR SHAHYAR

Golnar Shahyars Auftritt in der Karlskirche beim Abschluss des Popfests 2019 war das, was man schwärmerisch einen „transzendenten Moment“ nennt und sich dann wundert, was für Worte einem aus dem sonst so rationalen Mund schießen. Das ist ja auch gerade das Ding am Transzendenten. Das Ding, das diese Stimme mit einem anstellen kann. Und bezeichnenderweise lösten sich die Assoziationen des Programmschreibers dabei ganz locker von der Herausforderung des scheinbar kulturell Fernen und wanderten weiter ins pure Staunen über eine Qualität, die am ehesten noch an die mesmerischen Solo-Stücke auf Joni Mitchells „Shadows and Light“ erinnerte.
„Golnars musikalische Handschrift“, steht in ihrem Info-Text, „ist ihre Fähigkeit, verschiedene Musikstile auf so organische Art zu verbinden, dass die Komplexität ihrer Kompositionen und ihres Gesangs fast mühelos erscheint. Ihre Kompositionen weisen in Richtung eines frischen musikalischen Narrativs in der Kunst des Songwriting, inspiriert von der mikrotonalen Musik des Nahen Ostens, Süd- und West-Asiens, westafrikanischer Wassoulou-Musik, zeitgenössischem Jazz, europäischer Kammermusik und Improvisation. Ihre Texte, auf Englisch und in Farsi, sind überlegt aber geradlinig und direkt. Sie durchlaufen persönliche Erfahrung, kulturelle und Gender-Identitäten und sprechen das Publikum auf empathische und vereinende Weise an.“
Golnar Shahyar spielt und singt übrigens nicht nur solo, sondern auch in Bands wie Sormeh, Choub, Gabbeh und dem Golnar & Mahan Trio, oft als Teil vieler Tanz- und Theaterproduktionen. Sie hat sich aber auch als Festival-Kuratorin und als Aktivistin im Dienst von Diversität und fairen Verhältnissen im österreichischen Musikbetrieb einen Namen gemacht und als Konsequenz daraus das Netzwerk WE:Shape gegründet: „Das Ziel von WE:Shape ist es, Musiker*innen aller Genres zusammenzubringen, um ein unterstützendes System für Freelancer*innen zu erschaffen, die institutionellen Diskriminierungen auf der Basis von Rasse, Gender, Klasse, Ethnizität, Alter, Behinderung, [körperlicher und geistiger] Fähigkeit, Religion und Sexualität ausgesetzt sind, sowohl in der [Musik]industrie, als auch im Bildungssystem.“ (Übersetzung des Programmschreibers aus dem Englischen)

Foto © Ina Aydogan