MAVI PHOENIX

Als Mavi Phoenix bei den Popfesten 2016 und 2018 auftrat, war er die seltene Erscheinung eines auf dem Laptop selbst erschaffenen Popstars. Erst vergangenen Frühling erschien sein Debüt-Album „Boys Toys“, aber bis dahin hatte er längst im Video zur Vorab-Single „Bullet in my Heart“ ein öffentliches Statement zu seiner Gender-Dysphorie abgegeben. Dieses Jahr kehrt Mavi nun (bürgerlich jetzt Marlon genannt) mit der neuen Geschlechteridentität, einer um eine geschätzte Oktave gesenkten Stimme und neuen Songs wie „Grass and the Sun“ und „Nothing Good“ zurück.
In letzterem überrascht Phoenix dabei mit beinahe an Nirvana, Pavement oder – passender –Courtney Barnett erinnerndem Gitarrenspiel. Er hat den Lockdown neben seiner eigenen Transition also auch dazu genützt, sich wieder mit der alten Fender Jaguar vertraut zu machen, die er als Teenager von seinem Vater geschenkt bekommen hatte. In der vom Radiotanzorchester Ehrenfeld begleiteten Live-Darbietung des Songs Anfang Mai in der Jan Böhmermann Show ist bereits gut zu sehen, wie sich die neue Persona mit Gitarre um die Schulter in der Coda mit seinem Vorleben als von Hip Hop, R&B oder UK Garage inspirierter Künstler mit dem Mic in der Hand verbinden lässt. So eine Verwandlung in der abgekapselten Sicherheit des Underground durchzumachen, wäre an sich schon erstaunlich. Es so wie Mavi auf der Plattform einer erfolgreichen, gerade erst begonnenen Popkarriere zu tun, sprichwörtlich seine eigene Stimme zu riskieren, das ist dagegen völlig furchtlos.
„Auf FM4 war so ein Interview mit ihm, das hab ich gehört“, erzählt Ko-Kuratorin Esra Özmen, „und ich hab drüber nachgedacht und mir gedacht: ‚Ach das wäre geil, den beim Popfest zu haben‘, weil in der Corona-Zeit, war es emotional anstrengend genug, bloß darüber zu schreiben. Es braucht Mut, das auf die Bühne zu bringen. So jemand, der so sichtbar präsent ist, den Mut hat, das zu machen, gibt dem Programm ein Ende mit ganz großem Mut, und das brauchen ganz viele Leute jetzt glaube ich.“

Foto © Tereza Mundilova