Irgendwas sagt dem Programmschreiber, dass Manic Youth nicht beleidigt wären, wenn man ihren derzeitigen Sound als eine Kreuzung zwischen den frühen, ungestümen Ride und Dinosaur Jr. charakterisierte. Da wären die aus der Tiefe der Gitarrenlärmschluchten zu uns herauf klingenden, engelsgleichen Vocals der ersteren, dort der zweiteren, auf die alten Gewohnheiten einer Hardcore-Vergangenheit zurückgehende Tendenz zu härteren Zwischen-Riffs und grenzbombastischen Drum-Breaks. Auch um das große Wort Shoegazing kommen wir hier sicher nicht herum.
In den vergangenen Jahren haben Manic Youth die entgegengesetzten Enden dieses Stiluniversums erkundet. Von ihrem ersten Album „Frail“ (2019), auf dem sie in einem Song wie „Your Disco“ kristallklaren Pop-Appeal mit der kunstvollen Verwaschenheit von My Bloody Valentine kombinierten, bis zur dem Nachfolger „Funland“ vorausgeschickten, jüngsten Single „Lucid“.
Das will aber nicht heißen, dass wir es hier mit einem bloßen Retro-Projekt zu tun hätten. Die These des Programmschreibers, warum das in den Spätachtzigern/Frühneunzigern entwickelte Shoegaze-Genre seit seiner Wiedergeburt Anfang des Jahrtausends so beharrlich immer neue Spätergeborene inspiriert, ist dass wir uns heute – so wie damals, als der Ostblock, aber auch Thatcher fielen – wieder in einer aus der Form geratenen Welt des Ungewissen wiederfinden. Da kann man sich schon einmal dazu hingerissen fühlen, auf mehrere Effektpedale zugleich zu treten und sich manisch jung im Sound der Desorientierung zu baden.
Foto © Benedikt Tschöscher